455 Projekte aus ganz Deutschland wurden zum Wettbewerb eingereicht. Eine unabhängige Jury unter dem Vorsitz von Verfassungsrichter a.D. Prof. Dr. Dr. Udo Di Fabio verteilte die Gesamtpreissumme von 105.000 Euro auf sechs Orte. Aus Sicht der Jury sind sie die besonders herausragenden Einsendungen zum Wettbewerb, die zugleich stellvertretend für die große Bandbreite der eingereichten gebauten Orte für Demokratie und Teilhabe stehen.
Die Entscheidung fiel in mehreren Schritten, zu denen die Diskussion in einem erweiterten Expert:innengremium und bei einer Auswahl auch Besuche vor Ort gehörten.
Auf dem nach Plänen von Albert Speer mit großem Aufwand nur für diesen Zweck gestalteten Gelände fanden 1933 bis 1937 die Reichserntedankfeste statt. Sie dienten vor allem dazu, medial verwertbare Bilder einer Volksgemeinschaft zu erzeugen und die Zugehörigkeit zu dieser Gemeinschaft zu zelebrieren. Am historischen Ort werden nun Fiktion, Inszenierung und mediale Verbreitung als populistische, manipulierende Stilmittel entlarvt und ihre suggestive Verführungskraft nachvollziehbar. Die punktuellen Interventionen der Dokumentationsstätte erhalten die Sichtbarkeit der damaligen Eingriffe in das Gelände und sensibilisieren dafür, wie mit solchen Inszenierungen die Sehnsucht nach Zugehörigkeit zu einer Gemeinschaft für eine Spaltung der Gesellschaft missbraucht werden konnte.
Als kleines Raumwunder mit wenigen Quadratmetern schafft die Blaue Bude einen Ort der Identifikation für den vom Kohlebergbau und seinem Ende geprägten Ortsteil Lohberg. Sie knüpft an die im Ruhrgebiet verbreitete „Büdchen“-Kultur an und ist ein bemerkenswertes Beispiel für die Transformation althergebrachter Orte des Austauschs und der Kommunikation, die zu (neuen) Schauplätzen demokratischer Aushandlung und sozialen Miteinanders werden. Besonders gewürdigt wird das Engagement zahlreicher lokaler Akteure für den Neubau am historischen Standort und für ein breit gefächertes, unterschiedliche Zielgruppen ansprechendes Programm.
Ein gemeinsam gestalteter und bewirtschafteter Garten, der allen Besucher:innen offen steht, ist der Ausgangspunkt dafür, über das Gärtnern hinaus Demokratie und demokratische Werte vielfältig erlebbar zu machen. Im Mittelpunkt stehen die selbstverständliche Kommunikation und der alltägliche Austausch zwischen allen Bevölkerungsgruppen in einem gewachsenen Stadtteil, der sich auch durch den Garten in den letzten Jahren verändert hat. Aus den vielen, das Gärtnern erweiternden Angeboten der engagierten Mitglieder des Trägervereins ist ein offener Dialog über die Grundbedürfnisse des Lebens entstanden, der gezielt die Bedeutung der demokratischen Werte in einer Gesellschaft stärkt.
Als Experimentierfeld für raumwirksame Ideen und für eine gemeinsame Stadtgestaltung gibt das über Jahre gewachsene Projekt vor allem jungen Erwachsenen einen physischen Ort, der ihnen die Erfahrung von Selbstwirksamkeit und Verantwortungsübernahme ermöglicht. Die aufgestellten ehemaligen Schiffscontainer und die ergänzend entstandenen Kleinarchitekturen ermöglichen vielfältige Nutzungen und sind zugleich Ausgangspunkt für eine aktive Teilhabe und Mitwirkung an Themen zukünftiger Stadtentwicklung. Die Durchlässigkeit zum benachbarten, ebenfalls selbstgestalteten Skaterpark und die Kooperation mit dem auf dem Gelände angesiedelten PLATZgarten öffnen das PLATZprojekt für zahlreiche, weitere Nutzer:innen.
Als soziale Skulptur verbindet die mobile Küche ein Empowerment für Geflüchtete mit der allgemeinen Freude am gemeinsamen Essen und Feiern. Sie entstand auf Initiative von Künstler:innen in Zusammenarbeit mit lokalen Betrieben und Geflüchteten unterschiedlicher Herkunft; die mobilen Einsätze verbinden an unterschiedlichen Orten interkulturelle Gerichte mit der Schilderung persönlicher Erfahrungen bei Flucht und Vertreibung. Die Mitwirkung in der mobilen Küche vermittelt geflüchteten Menschen konkrete Wertschätzung, stärkt ihr Selbstbewusstsein und hat wesentlich geholfen, ihnen Ausbildungs- und Arbeitsplätze zu erschließen.
Das historische Gasthaus macht mit seiner historischen und seiner aktuellen Nutzung demokratische Geschichte und Werte am konkreten Gebäude erfahrbar. Das an die breite Stadtgesellschaft gerichtete Programm beginnt mit dem demokratischen Aufbruch im Jahr 1847, als im Festsaal des Gasthauses erstmals in Deutschland ein demokratischer Grundrechtekatalog verkündet wurde, über die spätere Nutzung als Synagoge bis zu deren Verwüstung 1938 und reicht bis zu den aktuellen kulturellen und bildungspolitischen Angeboten in Kooperation mit unterschiedlichen Partnern. Es gibt wechselnde Ausstellungen, im historischen Festsaal finden öffentliche Sitzungen des Gemeinderates statt und die „Salmen-Gespräche“ behandeln aktuelle Fragen der Demokratieentwicklung.